Die Verscheuchte
Es ist der Tag im Nebel völlig eingehüllt,
Entseelt begegnen alle Welten sich-
Kaum hingezeichnet wie auf einem Schattenbild.
Wie lange war kein Herz zu meinem mild...
Die Welt erkaltete, der Mensch verblich.
Komm bete mit mir - denn Gott tröstet mich.
Wo weilt der Odem, der aus meinem Leben wich?
Ich streife heimatlos zusammen mit dem Wild
Durch bleiche Zeiten träumend - ja ich liebte dich...
Wo soll ich hin, wenn kalt der Nordsturm brüllt?
Die scheuen Tiere aus der Landschaft wagen sich
Und ich vor deine Tür, ein Bündel Wegerich.
Bald haben Tränen alle Himmel weggespült,
An deren Kelchen Dichter ihren Durst gestillt-
Auch du und ich.

Else Lasker-Schüler mit Flöte
HYMNE AN GOTT
Tief in den dunklen Tälern sterben die Hungernden,
Du aber zeigst ihnen Brot und lässest sie sterben.
Du aber thronst ewig und unsichtbar
Strahlend und grausam über dem ewigen Plan.
Ließest die Jungen sterben und die Genießenden
Aber die sterben wollten, ließest du nicht.....
Viele von denen die jetzt vermodert sind
Glaubten an dich und starben mit Zuversicht.
Ließest die Armen arm sein manches Jahr
Weil ihre Sehnsucht schöner als dein Himmel war
Starben sie leider, bevor mit dem Lichte du kamst
Starben sie selig doch – und verfaulten sofort.
Viele sagen, du bist nicht und das sei besser so.
Aber wie kann das nicht sein, das so betrügen kann?
Wo soviel Leben von dir und anders nicht sterben konnten –
Sag mir, was heißt das dagegen - daß du nicht bist?
Bertold Brecht, Gedichte 1913-1926
Sie tragen ein Kreuz voran
Auf blutroten Flaggen
Das hat für den armen Mann
Einen großen Haken
(Bertold Brecht 1933)
